MARIE & LUCY

Kleiner Hund - großer Charakter!

MARIE

26 Jahre alt

LUCY

Dackel-Mix, 12 Jahre alt

Der Spruch: Kleiner Hund - großer Charakter beschreibt Lucy wirklich perfekt. Sie weiß was sie will und macht ihr Ding auf charmante Art und Weise! Für Leckerlis würde sie alles tun und sie hat große Freude an Unterordnung. Marie und Lucy zeigen in diesem Interview, dass auch kleine Hunde nicht zu unterschätzen sind und dass aus einem anfangs unsicheren Hund, auch ein souveräner Hund werden kann. Marie ist jetzt 26 und hat Lucy bekommen, als sie gerade erst 14 war. Geplant als Familienhund, wurde sie letztendlich zu ihrem Hund. 


J: Wie bist du auf den Namen gekommen? 


Marie: Ich war 14 Jahre alt, als ich sie bekommen habe und ich wollte sie nennen wie ein Charakter aus der Zeichentrickserie Peanuts (mit Snoopy). Ursprünglich war mein Wunsch sie „Peanut“ zu nennen, auch wegen ihrer Farbe und weil sie so eine kleine Erdnuss war. Aber irgendwie waren alle in der Familie und im Freundeskreis mehr für Lucy. Das hat für mich dann auch gepasst, obwohl der Charakter in dieser Serie leider böse ist. Die Lucy war ja als Welpe eh auch süß, aber auch sehr schlimm. Und wenn sie jetzt schlimm ist, nenne ich sie „Luzifer“.


J: Wo hast du deinen Hund her?


M: Also die Lucy ist sozusagen ein Bauernhofhund bzw. ein Stallhund. Durch Freunde, die Lucys Schwester adoptiert haben, haben wir erfahren, dass ein paar Ortschaften weiter ein Hoppala- Wurf passiert ist und es da jetzt sieben Welpen gibt.


Wie das am Land oft ist, wurde sich da wenig drum geschert. Die Hündin ist läufig frei gelaufen, obwohl sie nicht kastriert war. Wer der Vater ist wissen wir nicht. Lucys Mama ist ein Mischling aus einem Dackel und einer Bracke und war unverträglich. Also bissig, aber ist halt trotzdem immer frei herumgelaufen… Die Besitzerin hat danach zum Glück Lucys Mutter kastriert, weil die ja eigentlich keine Welpen wollte, die Arbeit gesehen hat und da keine finanziellen Mittel reinstecken wollte.


Die Besitzerin hatte die Welpen am Anfang noch Zuhause in einer Wurfbox, aber die sind ihr halt schnell zu mühsam geworden. Dann hat sie sie in diese Pferdebox getan, hat aber die Mutter viel zu früh über Nacht immer mit Heim genommen. Die Welpen haben dadurch kaum was mitbekommen. Die Lucy war nicht gechipt, nicht entwurmt, nicht geimpft und wir haben sie geschenkt bekommen. Wir haben den Wurf mit 5 Wochen das erste Mal angeschaut und Lucys Schwester war da schon adoptiert. Wir hätten Lucy auch schon mitnehmen dürfen, aber wir haben gesagt welche uns gefällt, aber dass wir gerne warten würden bis sie neun Wochen alt sind. Als wir sie dann geholt haben, waren viele von den Geschwistern schon adoptiert. Zum Glück, denn wenn sie sie nicht los geworden wäre, stand Tierheim oder Ertränken zur Option… Sie hat sich aber selber überhaupt nicht um die Vermittlung von den Welpen gekümmert.


J: Sind die Geschwister dann alle eher unsicher geworden, wegen der fehlenden Sozialisierung?


M: Nein, interessanterweise nicht. Da habe ich mich im Nachhinein angezweifelt, ob wir sie nicht doch früher adoptieren hätten sollen. Meine Eltern haben sich extra vorher informiert und wir wären wahrscheinlich auch nie auf einen Welpen-Handel-Ebay-Typen reingefallen, aber durch unsere Nachbarn sind wir auf diesen Wurf gestoßen. Gerade der Bruder und die Schwester, die ich kenne, sind sicherer, vor allem am Anfang. Inzwischen ist die Lucy auch schon sicher. Sie sind beide auch in Haushalten mit kleineren Kindern aufgewachsen und sind echt kinderfreundlich und das war die Lucy nie. Ich weiß nicht, ob das ist, weil die das dann doch so früh kennengelernt haben. Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob in dem Fall erst nach neun Wochen adoptieren gut ist, wenn die Umstände bei der „Züchterin“ nicht ideal sind.


So bin ich eigentlich ganz froh, dass ich sie nicht zu früh adoptiert habe. Ich glaube, dass würde ich mir im Nachhinein auch vorwerfen, aber wir haben uns gut genug informiert, um zu wissen zwischen acht und zwölf Wochen adoptiert man und nicht früher.


J: Wie kam es denn zu der Entscheidung von einem Hund? 


M: Gute Frage. Ich wollte schon ganz lange einen Hund als Kind. Mein Papa war auch dafür, da er mit Hunden aufgewachsen ist. Mein damals 8-jähriger Bruder war noch zu klein, um da mitzureden, aber er hat das halt auch toll gefunden. Meine Mama war immer die, die dagegen war. Aus diesen typischen Bedenken, dass dann die ganze Arbeit bei ihr hängen bleibt und sie hat sich vor der Lucy immer mehr als Katzenmensch gesehen. Jetzt ist sie die zweite Bezugsperson nach mir und inzwischen doch mehr Hundefan. Es war davor schon öfters Thema am Tisch, aber wenn nicht diese Welpen in unserer Umgebung gewesen wären, die wir uns ja dann auch einfach mal anschauen gefahren sind, hätte es sicher noch länger gedauert. Jetzt rückblickend sagt sie: „beste Entscheidung ever“. Aber ich war halt auch nicht die typische Jugendliche, bei der dann irgendwann der Hund, wirklich der von der Mama ist.


Lucy ist dann mehr mein Hund geworden als geplant. Eigentlich sollte es ja ein Familienhund werden und dass es letztendlich meiner geworden ist, war auch irgendwie Lucy’s Entscheidung, weil sie ist schon so ein bisschen ein Ein-Personen-Hund. 


J: Wie sieht euer Alltag aus?


M: Also aktuell ist es so, dass ich noch recht viel arbeite, aber Lucy fast gar nicht alleine zu Hause sein muss, weil mein Freund nachmittags arbeitet und ich vormittags. Eine Stunde ist sie Schnittstellen mäßig alleine. Lucy kann gut alleine sein, aber ich will nicht, dass es mehr wird als 4 bis 6 Stunden. Aktuell haben aber eigentlich eh immer weniger. 


Ich gehe in der Früh mit ihr eine kleine Runde Gassi. Das reicht ihr auch, ich habe nicht den Eindruck, dass sie unausgelastet ist. Mein Freund geht zum Mittag nochmal mit ihr und wenn ich am Nachmittag von der Arbeit komme bekommt sie eine größere Runde bzw. im Winter oder bei Schlechtwetter machen wir auch ganz viele Tricks und Suchspiele.


Und gerade am Wochenende liebe ich es auch einfach zu wandern oder große Strecken zu gehen. Da sind wir richtig viel im Wald unterwegs. Ich habe extrem viel mit ihr gearbeitet als sie jung war. Das mache ich jetzt definitiv wieder mehr, weil die Spazierwege in der Stadt einfach nicht das hergeben wie im Wald.


J: Was macht dein Hund besonders gerne und was mag er gar nicht?


M: Ich würde sagen wandern und einfach spazieren im Wald und am Feld mögen wir gerne, aber auch Unterordnung liebt Lucy sehr.


Ich wollte Welpen- und Junghundekurs machen in der Hundeschule und bin dann eindeutig wegen ihr an der Unterordnung hängen geblieben. Sie hat da recht früh gezeigt, dass ihr das so viel Spaß macht und es hat uns extrem geholfen mit Lucys Unsicherheiten. Z.B. das gefestigte Fuß hat uns durch Situationen geführt in der sie Angst hatte und vielleicht reaktiv wird. Wir haben zusammen alle Begleithundeprüfungen abgelegt, Breitensport sind wir gelaufen und die Obedience Beginner hat sie auch. Damit waren wir eine zeitlang auch viel auf Turnieren unterwegs. Schnüffeln und Suchspiele mag sie auch ur gerne. Eine Weile waren wir auch Mantrailen - hat ihr auch ur viel Spaß gemacht. Inzwischen sucht sie beim Mantrailen an sich noch gerne, aber ihr sind halt fremde Menschen egal. Also die Person findet sie halt dann nicht.

Als ich es letztes Mal mit einer Freundin ausprobiert habe, die sie nicht so gut kennt, hätte sie die im Wald versumpern lassen. Obwohl sie das kann - sie will dann einfach nicht.


J: Was mag sie gar nicht? 


M: Drinnen Klassiker, wie Staubsauger und früher hätte ich gesagt, dass sie Kinder gar nicht mag. Sie braucht außerdem länger, um mit anderen Menschen warm zu werden. Aber inzwischen ist sie einfach eine coole Socke und ignoriert die halt. Auch Kinder ignoriert sie einfach meistens. Außer die stürmen auf sie zu und wollen sie streicheln, dann muss ich eingreifen. Aber wenn Kinder neben ihr spielen und laut sind, dann mag sie das nicht, aber sie ignoriert es inzwischen. 


Sie wird halt jetzt echt cool mit dem Alter. Früher hätte ich viel mehr Sachen, die sie nicht mag aufgezählt. Ich hätte auch gesagt: sie hasst Öffis fahren. Inzwischen ist das kein Thema mehr.

Es hat sich viel geändert und ich glaube, dass das viel Druck nehmen kann, wenn man gerade irgendwie so einen Junghund hat und sich denkt: “Oh mein Gott, ich mach alles falsch, das läuft alles nicht, die Spaziergänge sind Stress und usw.“ Wir hatten ja auch genug Themen und inzwischen ist sie ziemlich cool und souverän, das ist schon sehr fein.


J: Voll! Und ihr zeigt, dass man auch mit einen kleinen Hund viele coole Sachen machen kann!

M: Kann man auf alle Fälle! Bitte die kleinen Hunde nicht unterschätzen und nicht irgendwie als Accessoire mitlaufen lassen. Sie sind auch Hunde und sie wollen richtig arbeiten.


J: Bist du manchmal verzweifelt in der Erziehung von Lucy und wenn ja, bei was?


M: Aktuell eigentlich nicht mehr. Wir haben auch keine großen Erziehungsthemen mehr. Jetzt kann sie nur manchmal echt stur sein und weiß ganz genau, ob ich Leckerlis beim Spaziergang mit habe oder nicht. Sie passt das inzwischen ihrem Gehorsam dementsprechend an. *lacht* Das kann manchmal anstrengend sein, aber so richtig verzweifelt bin ich nicht mehr.


Früher auf alle Fälle! Gerade die ersten zwei Jahre in denen ich sie hatte, hat sie wirklich alles was neu war und ihr Angst gemacht hat, angebellt oder versucht zu stellen. Das waren andere Menschen, andere Hunde, gerade wenn die groß, wild oder nicht so souverän wirkten. Kinder, die da halt auch oft so wirken und ein bisschen unberechenbar sind. Männer waren länger gruselig für sie als Frauen. Als z.B. das erste Mal die Mülltonnen draußen standen auf der Morgenrunde, war das auch gruselig und würde angebellt.


Es ist noch immer nicht so, dass sie jeden Menschen, jeden Hund mag. Es geht stark nach Sympathie, sowohl bei Menschen als auch bei Hunden und bei Menschen braucht sie grundsätzlich lange bis sie wen mag, aber dann mag sie den. Wenn sich wer blöd verhält und meint: „Ah, die ist ja so süß und so klein und die will ich jetzt streicheln, ohne nachzufragen und ich beuge mich so von oben runter und bin eigentlich eine Bedrohung für sie“ - ganz toll. Aber sogar das ignoriert sie inzwischen meistens und geht halt einfach weiter. Außer wenn es ein Kind ist. Letztens im Park hatten wir z.B. die Situation, dass zwei Kinder Fußball gespielt und Lucy fast übern Haufen gerannt haben. Da geht sie dann schon noch bellend vorwärts und es war Management, dass sie nie gebissen oder gezwickt hat, aber ich glaube sie würde, wenn sie sich bedroht genug fühlt. 


Vieles muss ich gar nicht mehr akzeptieren, weil es kein Thema mehr ist und sie so viel souveräner geworden ist. Und ich meine, wenn jetzt sie irgendwie das Kind anbellt, dann wäre es vielleicht für mich früher komplett blöd gewesen. Jetzt weiß ich eben in den Situationen, dass ich sie unter Kontrolle habe und das Kind wird halt dann angebellt und erschreckt sich. Teilweise erkläre ich den Kindern nun: „An einem Hund kann man nicht so vorbei rasen.“ oder „Wenn du den Hund nicht kennst, dann kannst du den nicht einfach streicheln“ Das muss mein Hund auch nicht aushalten. Natürlich darf sie niemanden beißen, aber das muss sie nicht aushalten.


J: Wo liegen eure Schwächen und Stärken und schränken euch die Schwächen im Alltag ein?


M: Meine Schwäche war früher auf alle Fälle der Perfektionismus, den ich mitgebracht habe. Gerade diese Anforderungen und Erwartung, die man am Hundeplatz oder im Turnier-Hundesport an den Hund hat. So: „Warum ist die jetzt nicht freundlich zu jedem“ oder „Warum ist die heute so unkonzentriert beim Unterordnungsturnier?“ Da war ich eine Zeit lang noch ungeduldiger mit ihr und konnte wenn etwas war, das über den Tag schwer ablegen. Also sagen wir sie baut Mist in der Früh beim Spaziergang. Rennt z.B. beim Nachbarszaun durch, weil er seine Katzen draußen füttert. Dann wieder diesen Switch zu finden, der halt in der Erziehung notwendig ist, dass ich positive Sachen wieder lobe und dann den halben Tag nicht grantig auf den Hund bin. Wenn ich selber gestresst bin, muss ich auch immer noch schauen, dass ich das nicht übertrage und dadurch viel ungeduldiger oder unfair werde mit ihr. Ich glaube es passiert eher selten und ich kann es reflektieren, aber es ist doch was, das immer wieder mal passiert. 


Und Lucy’s Schwächen unter Anführungszeichen: Sie ist sehr stur - ist vielleicht eher auch Rasse bedingt. Wenn ich sie beispielsweise wo vorbei schicke und sie weiß, da steht oft Katzenfutter draußen, muss ich wirklich lange aufpassen, dass sie auf den nächsten Meter nicht doch umdreht, nämlich sobald sie hinter mir ist. Da steht sie so am Zaun und schnüffelt schon 20 Meter weiter, ich gehe vorbei, sie dreht sich um und sprintet zurück. Genauso, wenn sie mit der Nase in Mauseloch steckt, dann kriege ich keine Reaktion. Aber sie ist halt schon sehr cool und souverän und macht es irgendwie sehr charmant, dass ich ihr da sicher auch jetzt einiges durchgehen lasse. Erstens, weil es geht, weil ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann. Und zweitens, vermutlich bin ich auch bisschen inkonsequenter geworden im Alter. Aber das resultiert halt auch aus Punkt Eins. 


Ich würde mir aber schon auch manchmal wünschen, dass sie etwas kuscheliger wäre, denn das ist sie halt gar nicht. Sie sucht Körperkontakt, legt sich z.B. neben einen mit Körperkontakt, sprich Rücken an Rücken oder ans Bein dran und will dann schlafen. Wenn man sie dann streichelt, dann steht sie manchmal echt auf und geht weg. Aber das ist ja keine wirkliche Schwäche von ihr, sondern mein Wunsch.


J:  Würdest du sagen du warst früher durch ihre Schwächen eingeschränkt?


M: Ja, zum Beispiel ein Restaurantbesuch mit Lucy. Nur Stress für mich. Also allgemein sie wohin mitnehmen oder sie trifft das erste Mal meine Freunde und die kommen zu mir nach Hause. Denen kann ich gut erklären, wie sie sich ihr gegenüber zu verhalten haben, aber es gibt dann doch die, die gleich mal streicheln und dann kommt von der Lucy eine Reaktion, ein Warnschnapper oder Bellen. Autofahren ging immer gut, aber Öffis fahren war einfach wirklich auch stressig für sie, glaube ich.


Gerade Restaurantbesuch, denn jedes Mal wenn der Kellner zum Tisch kam, war das für sie eine Bedrohung. Sie sieht auch schnell etwas als Ressource und ist etwas territorial. Es ist auch nach wie vor so, wenn Kellner ihr Wasser bringen wollen, dass ich da ganz schnell dazwischen gehe, bevor sie bellen kann. Dann nehm ich das Wasser und gebe es ihr. Also früher hieß es: Entweder essen gehen ist für mich voll Training und ich komm nicht dazu zu plaudern, trainiere die ganze Zeit und bin ständig halb unterm Tisch oder ich nehme sie nicht mit. 


Inzwischen ist es echt ganz fein, also ich würde sagen: Nichts mehr, was irgendwie aus unseren Schwächen resultiert, ist irgendwo alltagsanstrengend. Wenn ich z.B. inzwischen meinen Rucksack in der Wiese ablege, dann weiß ich, die verteidigt den immer, aber jetzt weiß ich einfach damit umzugehen.


J: Und eure Stärken? 


Also Stärken bei der Lucy würde ich sagen: Dafür, dass sie ein Dackelmix ist, dass sie einfach diese Arbeitsmotivation hat. Also ehrlich, ich weiß nicht, ob das bei so kleinen Hunden generell unterschätzt wird oder ob sie da einfach wirklich cool ist. Sie arbeitet extrem gerne, hat eine Motivation und eine Freude. Das ist auf alle Fälle eine Stärke und etwas cooles.


Inzwischen finde ich das Selbstständige gar nicht so schlecht. Früher fand ich das sehr schlecht, weil ich mir gedacht, sie trifft halt lauter falsche Entscheidungen, aber jetzt, wo sie so souverän ist, ist es auch okay, dass sie ab und zu ihre eigenen Entscheidungen trifft. Ich glaube ich würde es persönlich gar nicht mehr wollen, dass ich einen Hund habe, der alle Menschen supertoll findet und sofort mit jedem best friends ist. Ich finde es cool, dass sie so loyal ist und trotzdem neue Menschen noch irgendwie in ihr Herz lassen kann.


Meine Stärken eben, dass ich grundsätzlich doch recht geduldig bin, würde ich sagen. Und ich habe nicht einen Hund und der läuft dann so nebenher. Ich informiere mich und haue mich rein in die Themen. Da bin ich verlässlich und sehr verantwortungsbewusst. Mir macht es auch einfach Spaß und ich eigne mir sehr gerne Wissen an, lerne dazu und arbeite mit ihr. Ich glaube, das ist irgendwo nicht nur eine Stärke, sondern eine Grundvoraussetzung, die man haben sollte, wenn man darüber nachdenkt, ob man einen Hund will. Oder ob der dann irgendwann doch nur mehr mitläuft und irgendwie halt gar nicht mehr so die Lebensqualität hat, die diese Tiere brauchen. Das war mir dann mit 14 gar nicht so bewusst, aber ich habe es schon mitgebracht. Auch, dass ich mich ur gerne bewege und in der Natur bin. Das passt einfach gut zusammen, glaube ich. 


Wenn man dann auch noch ein Gespür hat, sich informiert, etwas anfangen kann mit positivem Training und wirklich arbeiten möchte mit den Hunden, ist das super. Auch was ich mitbekommen habe in der Hundeschule, da waren viele einfach ur dahinter und ur begeistert von der Theorie, aber konnten es nicht umsetzen, vom Timing, Feeling oder haben Dinge nicht gesehen, gespürt oder nicht verstanden, obwohl sie eigentlich eh eine Trainingsmethode cool fanden. Das glaube ich, ist eine Stärke, die bringe ich mit. 


J: Machst du dir oft zu viel Druck mit der Erziehung von deinem Hund und vergleichst dich teilweise mit anderen und Teams? 


M: Früher ja, jetzt auch nicht mehr. Das Vergleichen schon manchmal, aber früher sicher stärker.. Social Media hatte ich zum Glück nie wirklich, heißt da gab es kein Vergleichspotenzial. Aber auf alle Fälle gab es am Anfang Druck, gerade als es noch mehr Probleme gab und ich aktiv im Turnier-Hundesport war. Besonders wenn Hunde sehr freundlich waren oder Menschen- oder Hundebegegnungen gar kein Thema waren und bei Turnieren. Der Sport hat ihr voll viel Spaß gemacht und vielleicht gemütliche Prüfungen bei uns in der Hundeschule auch, aber jedes Wochenende woanders auf einem Turnier, das war eher Stress, glaube ich. Der Sport und das Antreten ist schon toll, aber einfach dieses: Auf einem Platz sein mit 100 anderen Hunden und immer bellt wer irgendwo. Das ist einfach schon Stress. Wenn ich jetzt wieder Hundesport machen würde, dann vermutlich ohne Turnierambitionen und den Spaß und das Freizeit mäßige in den Vordergrund stellen. Früher war ich da dann doch Wettkampf ambitioniert und bin da so reingewachsen, weil es in unserem Hundesportverein Turnier-Teams gegeben hat.


Jetzt ist eher so ein bisschen Thema, dass die Lucy alt wird. Ich würde sagen, manchmal vergleiche ich sie auch so ein bisschen mit früher von der Fitness her oder mit anderen fitteren Hunden. Aber andererseits würde ich sagen, dass es aktuell perfekt ist. Einfach, dass die Lucy älter ist, auch mit meinem Arbeitsausmaß aktuell und dem doch in der Stadt wohnen.

 

J: Welche Erwartungen hattest du an das Leben mit einem Hund/an deinen Hund und konnte er diesen Erwartungen gerecht werden?


M: Spannend. Sie ist dem auf alle Fälle gerecht geworden. Ich hatte, glaube ich, eigentlich sogar weniger Erwartungen. In unserem Umfeld hatten wir auch davor in der Familie keinen Hund und viele Hunde, die ich so kenne, waren halt eher so Alltagsbegleiter, die nur mitgelaufen sind. Da waren meine Erwartungen: Am Anfang sicher viel Erziehungsarbeit und dann halt auch spazieren. Zusätzlich natürlich die Einschränkungen, die durch einen Hund kommen - das war mir recht bewusst von Anfang an. Aber wie cool es dann eigentlich doch mit einem Hund ist, da hat sie die Erwartungen übertroffen. Also gerade was Hunde können, wie lustig es ist, mit denen zu arbeiten und es nicht nur spazieren gehen ist. Wie z.B. ihre Nasen arbeiten - das ist irgendwie richtig cool.


J: Wie steht der Rest der Familie zum Hund?


M: Am Anfang hatten es mein Papa und mein Bruder schon schwerer, weil Lucy gerade am Anfang Männer gruselig fand. Die konnten das nicht so gut differenzieren und hatten glaube ich mehr Erwartungen als ich. Dann gab es z.B. auch eine Phase, da wollte sie auch gar nicht mit ihnen spazieren gehen, wenn ich zu Hause war, aber nicht konnte. Sie wollte dann teilweise nicht von mir weg und hat sie schon mal angeknurrt. Das hat natürlich auch was in der Beziehung gemacht, aber inzwischen geht es ganz gut. Es geht auch immer besser, wenn ich nicht dabei bin.


Mein Bruder war eben auch noch ein Kind, der hat oft viel zu wild und laut gespielt - auch mit ihr. Er ist über Sachen drüber gegangen, bei denen ich gesagt habe: „He hör auf, sie hat Angst“ oder „Es ist zu viel es ist zu wild.“ Ich glaube es war für ihn auch gerade so am Anfang Pubertät und als Kind eben eine Art, wie er mich als seine große Schwester provozieren kann - absichtlich den Hund zu ärgern. Und das war nicht cool und nicht förderlich für die Lucy und wahrscheinlich auch noch ein Mitgrund, warum sie Kinder nicht so gern mag. Inzwischen ist er ja auch erwachsen und da haben wir dieses Thema nicht mehr.


Man merkt richtig, dass die Lucy kein Familienhund ist. Ihre Nummer Zwei ist meine Mama und das war eh auch interessant, weil die Mama ja nie so Hundemensch war. Mama hat da auch weniger Erwartungen gehabt und sieht vieles locker mit ihr. Sie genießt es mit dem Hund in den Wald zu gehen und braucht die ganzen Tricks, die Unterordnung und dieses und jenes nicht. Inzwischen kommt vermutlich nach der Mama mein Freund, mit dem ich jetzt gemeinsam wohne. Er versteht sich mit ihr sehr gut und mag sie gerne, aber geht eher nur so kurze Runden mit ihr spazieren.


Ja und bei meinem Papa ist es echt so die Erwartung, dass ein Hund doch kuscheln muss und Menschen bezogen sein sollte. Der kann überhaupt nicht gut damit, dass die Lucy so ein selbstständiger, eher distanzierter Hund ist, der halt ruhig ist und von einer Distanz beobachtet. Er  kennt eher die freundlichen Hunde, die immer gestreichelt werden wollen, immer fürs Spielen bereit und lustig sind.


Aber so sind alle eine große Unterstützung. Wenn ich mal nicht kann oder ausfalle, dann kann ich sie immer zu meinen Eltern bringen und sie freuen sich jedes mal. Aber ja, die Erwartung, dass sie ein Familienhund wird, wurde nicht erfüllt.


J: Was bedeutet dein Hund für dich?


M: Schwer in Worte zu fassen. Es klingt so klischeehaft, aber es ist irgendwie so eine Freundschaft bzw. noch mehr, weil man lernt finde ich ur viel voneinander. Ich bin ganz viel gewachsen durch sie, durch die Dinge, durch die wir durch sind. Ich bin genauso souveräner geworden wie sie. Also auch diese Unsicherheit, die hätte ich ihr früher gar nicht nehmen können, wenn ich dann nicht zu Fremden sag, “He greif meinen Hund nicht an!” oder „Ignoriere meinen Hund bitte!“. Natürlich von 14 bis 26 ist es an sich schon eine enorme Entwicklung, aber die Lucy hat mir sicher ganz viel geholfen. Durch ihre Erziehung, sie verstehen, miteinander sich auseinandersetzen, so ein bisschen die eigenen Anteile zu reflektieren: Was habe ich in der Erziehung wie gemacht? Wie reagiere ich da? Wann bin ich gestresst? Wie reagiert sie auf mich, wenn ich gestresst bin? Wie viel erreiche ich mit Druck und wie viel nicht?


Das ist sicher ein enormes psychisches Wachstum. Sie ist immer da und ich habe sicher Fehler gemacht und sie ist trotzdem da. Es wird besser, auch wenn ich Fehler gemacht habe. Es ist so ein verlässlicher Partner und wenn man sich dem bewusst ist, so viel wachsen kann. Ich glaube man kann es auch ganz schnell einfach ausnutzen und übergehen und der Hund ist sowieso da und loyal, aber wenn man sich traut hinzuschauen und sich damit auseinanderzusetzen, dann hat man ein enormes Entwicklungspotenzial und eben auch so ein bisschen einen Spiegel.

 

J: Ja und dass sie so verschiedenen Lebensphasen mitgegangen ist, weil du sie schon so früh bekommen hast. 

 

M: Ja voll, ich könnte mir ohne sie gar nicht mehr vorstellen oder wenn sie mal bei meinen Eltern ist und ich komme heim und sie ist nicht da, ist es urkomisch und vergesse ich auch regelmäßig, dass sie nicht da ist. Dann will ich noch mit ihr rausgehen vor dem Schlafengehen und sie ist nicht da.


Mit wenigen Worten kann ich gar nicht sagen, was sie für mich bedeutet. Die Geschichte ist halt einfach sehr, sehr lang. Wir haben viele Jahre gemeinsam, beide die Pubertät gemeinsam durchlebt und gleichzeitig profitiert. Durch die Erfahrung haben wir uns gemeinsam entwickelt und es ist schön zu sehen wie die Beziehung gewachsen ist. Wie wir jetzt doch beide inzwischen ruhiger und souveräner sind und gut für uns einstehen können.


J: Wo seid ihr am glücklichsten? 

 

M: Ich würde sagen, auf alle Fälle zu zweit, entspannt, in der Natur. Ich wahrscheinlich im Wald und die Lucy glaube ich eher so auf einer Wiese oder auf einem gemähten Feld. An einem Ort, wo wir beide ein bisschen Seele baumeln lassen können.

Bereit Eure Geschichte mit mir zu teilen?